Was benötigen mittelständische Unternehmen und Start-ups, um innovativ zu sein und die vor ihnen stehenden Transformationsaufgaben zu bewältigen? Diese Themen diskutierten die Gäste des AiF-Innovationsdialoges am 15. November 2023 in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom AG in Berlin-Mitte. Gleichzeitig zeichnete die AiF in einem Festakt herausragende Forschungsleistungen der vorwettbewerblichen Industriellen Gemeinschaftsforschung mit dem Otto von Guericke-Preis 2023 aus. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird seit 1997 einmal im Jahr vergeben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert das IGF-Programm mit öffentlichen Mitteln.
Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft ist „großer Fan der AiF“
In einem Warm-up begrüßte der AiF-Präsident und Geschäftsführer der GTV Verschleißschutz GmbH, Dr. Klaus Nassenstein, die rund 140 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Der erfahrene mittelständische Unternehmer und zwei weitere, Frau Dr. Wei Wu von der Heatrix GmbH und Jochen Moesslein von der Polysecure GmbH, stellten in kurzen Video-Beträgen ihr innovatives unternehmerisches Engagement vor und beschrieben die Vorteile ihrer zum Teil sehr langjährigen und erfolgreichen Kooperation mit der AiF.
Auch der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, Professor Holger Hanselka, betonte in einer Videobotschaft zum AiF-Innovationsdialog: „Ich will bekennen, dass ich ein großer Fan der AiF sowie der Industriellen Gemeinschaftsforschung bin und mich mit der AiF bereits lange verbunden fühle: Bis Ende 2022 war ich sechs Jahre lang Mitglied des Präsidiums und Vizepräsident der AiF und zuvor über viele Jahre Mitglied in einer Gutachtergruppe.“ Er führte fort: „In den vielen Jahren habe ich die AiF immer als eine vorwettbewerblich orientierte, von Wirtschaftsinteressen geleitete, wohl ausdifferenzierte Plattform und als relevanten Transferkanal erlebt.“ Dabei sei Transfer kein Selbstzweck: Denn der Transfer von Forschungsergebnissen in die industrielle Anwendung sei maßgeblich, um auch in Zukunft die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland zu erhalten.
Die Wirkung des IGF-Förderprogramms würdigte ebenfalls Dr. Daniela Brönstrup, Leiterin der Abteilung Digital- und Innovationspolitik des BMWK, in ihrem Grußwort und erklärte: „Die Industrielle Gemeinschaftsforschung ist ein großartiges Innovationsprogramm. Deswegen freue ich mich über die konstruktive Kraft aller Beteiligten wie Forschungsvereinigungen, Forschungseinrichtungen sowie Gutachterinnen und Gutachtern, sich mit Ideen zur Modernisierung der IGF heute und in der Zukunft einzubringen.“
„AiF-Kooperationen, Themen und Partner“
Professor Michael Bruno Klein, Hauptgeschäftsführer der AiF, der durch den Abend führte, leitete zum Programmpunkt „AiF-Kooperationen, Themen und Partner“. In Speed-Interviews sprach Jan-Frederik Kremer, Geschäftsführer der AiF FTK GmbH, dazu mit Expertinnen und Experten, wie Sibylle Gabler vom Deutschen Institut für Normung und Jochen Moesslein zum Thema „Normung und Mittelstand“ sowie mit Professor Ulrich Schurr vom Forschungszentrum Jülich GmbH über industrielle Bioökonomie. Mit „Scouting“ war der Inhalt eines weiteren Speed-Pitches mit Kremer, Simeon Graupe von der PatentPlus IO UG und Thomas Abele von TIM Consulting überschrieben. Vor kurzem ist dazu auch ein neues, bedarfsorientiert entwickeltes Servicepaket im AiF-InnovatorsNet, dessen Cofounder Jan-Frederik Kremer ist, eröffnet worden.
In einem Panel mit dem Titel „Mittelstand, Start-ups & Transformation“ setzte Dr. Anna Christmann, Mitglied des Deutschen Bundestages (Bündnis 90/ Die Grünen), Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt und Beauftragte für digitale Wirtschaft und Start-ups, als Special Guest den Impuls. „Das AiF-InnovatorsNet ist ein hervorragendes Werkzeug, um insbesondere Start-ups mit dem Mittelstand und der Industrie zu vernetzen und damit deren Innovationsfähigkeiten weiter auszubauen. Dieses digitale Tool ermöglicht jungen Unternehmerinnen und Unternehmern, niedrigschwellig und vor allem zeitgemäß und bedarfsorientiert Kooperationspartner zu finden sowie ökonomisch und ökologisch effiziente Produkte und Technologien noch schneller auf den Markt zu bringen“, erklärte Christmann auf dem AiF-Innovationsdialog. Moderiert von Kremer, tauschte sie sich mit Vertretern hochinnovativer Unternehmen ganz verschiedener Branchen zu den Bedarfen in Richtung Transformationsfähigkeiten aus. Simon Falke von der FALKE KGaG, Tobias Lüttenberg von der suportica GmbH, Robert Quick, trawa future Energie Service GmbH beschrieben hier konkrete Herausforderungen, ihr Engagement und ihre Erfolge in Bezug auf die notwendige Transformation der deutschen Wirtschaft.
Otto von Guericke-Preisträger 2023 entwickelten ressourcenschonende Technologie
Zwischen diesen Talkrunden wurden Kurzfilme, die die Forschungsarbeiten der drei für den Otto von Guericke-Preis 2023 nominierten Teams beschreiben, präsentiert. Alle Forschenden entwickelten ressourceneinsparende, kreislaufwirtschaftliche und damit ökonomisch sowie ökologisch effiziente Lösungen. Die Mitglieder des Wissenschaftlichen Rates der AiF – hochkarätige Expertinnen und Experten aus Forschung und Wirtschaft – haben die Auswahl nicht nur auf Basis des wissenschaftlichen Anspruchs bewertet, sondern auch hinsichtlich des wirtschaftlichen Nutzens der Ergebnisse für mittelständische Unternehmen getroffen.
Thomas Hess und Franz Balluff vom Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA sind die Otto von Guericke-Preisträger 2023. Sie entwickelten eine Technologie, die oversprayfreies und selektives Lackieren im großen Maßstab und damit erhebliche Materialeinsparungen ermöglicht. „Overspray“ ist kein neues Deodorant und trotzdem kennt es wohl jeder: Sprühnebel, der beim Lackieren deutliche Verschmutzungen und erhebliche Lackverluste verursacht sowie eine komplexe Reinigung und Entsorgung nötig macht. Das Projekt wurde vom AiF-Mitglied Forschungsgesellschaft für Pigmente und Lacke e.V. – FPL koordiniert. Der FPL-Geschäftsführer Dr. Michael Hilt bezeichnet das Forschungsvorhaben als prototypisch für die Industrielle Gemeinschaftsforschung: „Wir sind in der Lage, hier gleich zwei Technologiefelder zu bedienen: die Lackiertechnik auf der einen und die Lackherstellung auf der anderen Seite.“ Das zu kombinieren sei nicht selbstverständlich. „Dadurch schaffen wir für die kleinen und mittleren Unternehmen in den Branchen die Möglichkeit, auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein und nachhaltig eine bunte Welt aufrecht zu erhalten“, betont Hilt.
Anwendungsorientierte Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
Die AiF gestaltete und verwaltete das IGF-Förderprogramm von 1954 bis 2023 im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums; im kommenden Januar übernimmt der DLR PT die Projektträgerschaft. „Wir stehen mit unserer jahrzehntelangen Expertise und Erfahrung weiter als Stimme des forschenden Mittelstands an der Seite von forschungsaffinen Unternehmen und werden die Idee der industriellen Gemeinschaftsforschung weiter unterstützen und voranbringen. Die anwendungsorientierte Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft ist das Fundament für erfolgreiche Transformationsprozesse in der deutschen Industrie“, erklärte AiF-Hauptgeschäftsführer Klein abschließend.
Weitere Informationen zum IGF-Projekt des Jahres 2023 finden Interessenten in einer ausführlichen Presseinformation und einem vierminütigen Film zum Projekt, der – ebenso wie die Filme zu den beiden weiteren Finalisten – im AiF-Medienraum verfügbar ist. (frd)