„Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist es oft sehr schwierig, eigene Forschung zu betreiben und doch steckt gerade im deutschen Mittelstand weltmarktfähiges Potential für innovative Produkte und Technologien. Die vorwettbewerbliche Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) ermöglicht eine nachhaltige Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft. Die Ergebnisse dieser anwendungsorientierten Forschung werden allen KMU branchenübergreifend zur Verfügung gestellt. Das ist einmalig auf der Welt“, erklärte Dr.-Ing. Roland Boecking, Geschäftsführer der Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e.V. der DVS, bei einem Austausch mit dem Bundestagsabgeordneten Markus Hümpfer (SPD), Vertretern der AiF und der HWS Lasertechnik GmbH am 4. Mai 2022 in Schweinfurt. Hümpfer ist ausgebildeter Industriemechaniker und Ingenieur und war vor seinem Bundestagsmandat im Maschinenbau und Energiesektor tätig. Das Mitglied des Deutschen Bundestages hat seinen Wahlkreis in der unterfränkischen Stadt.
"Für Innovationen benötigen wir kompetente Partner"
Seit zehn Jahren engagiert sich die HWS Lasertechnik GmbH aus Schweinfurt auf dem Gebiet der trennenden, formenden, fügenden und markierenden Metallbearbeitung unter Einsatz von 3D-Lasertechnologie. „Maschinelle Serienproduktion, die die Ermittlung von Prozessparametern, Programmierung und den Vorrichtungsbau für das Laserschweißen beinhaltet, bis hin zur Herstellung von Metallteilen in Einzelstückzahl oder Serie mittels Zerspanungstechnologie gehören ebenfalls zum Portfolio unseres mittelständischen Unternehmens. Eine ständige Weiterentwicklung unserer Herstellungsverfahren ist für uns von existenzieller Bedeutung. Um Innovationen zu entwickeln und am Ende umzusetzen, benötigen wir kompetente Partner“, sagte Geschäftsführer Matthias Wolfrum und fügte stolz hinzu: „Schließlich stellen wir Blech in seiner schönsten Form her“. Gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Technischen Universität Ilmenau, der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, der Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e.V. der DVS sowie weiteren Unternehmen engagiert sich die Schweinfurter GmbH in mehreren aktuellen Projekten der IGF. Dabei geht es unter anderem um die Optimierung des Strahlschweißens im Vakuum zur Vermeidung von Bauteilverschmutzung und Oxidierung beim Schweißen von korrosionsbeständigen Stählen. Erhebliche Kosten- und Ressourceneinsparungen erwarten die Unternehmen nach Abschluss des Vorhabens zum Beispiel durch hochqualitatives, wirtschaftliches Fügen ohne Nacharbeit. „Die Forschungsergebnisse können in der Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt oder auch in der Energietechnik zum Einsatz kommen“, betonte Boecking.
Förderung des akademischen Nachwuchses durch IGF
Er führte weiter aus: „Allein in unserer Forschungsvereinigung sind über 400 Mitgliedsunternehmen engagiert, davon etwa 300 KMU. Aktuell haben wir 135 laufende IGF-Vorhaben, an denen deutlich über 1.000 Industrievertreter in projektbegleitenden Ausschüssen beteiligt sind. Über unser Netzwerk kommen die Ergebnisse den mehr als 450.000 Beschäftigten in den Unternehmen der Branche in Deutschland zugute“. Der Geschäftsführer der AiF-Forschungsvereinigung hob darüber hinaus den Aspekt der Förderung des akademischen Nachwuchses durch die Kooperation von Praxis und Forschung innerhalb der IGF hervor und mahnt den dringenden Bedarf für eine höhere finanzielle Ausstattung dieser Forschungsförderung an. Zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt für die IGF führten voraussichtlich zu mehr Unternehmensbeteiligungen, die hunderte Nachwuchsingenieurinnen und -ingenieure sowie sonstige Fachkräfte in Projekten involvieren. „IGF-Projekte aus dem Bereich ‚Schweißen und verwandte Verfahren‘, die Innovationen unter anderem in der Schiffs-, Automobil-, Verpackungsindustrie bis hin zur Lebensmitteltechnik ermöglichen, sind in den vergangenen Jahren auch immer wieder ausgezeichnet worden. Mit der Schlüsseltechnologie ‚Schweißen und Tiefziehen in einem Schritt‘ und der Entwicklung einer ‚Stabilen Verbindung aus Faserverbund und Stahl‘ holten sich junge Forscherinnen und Forscher zum Beispiel den Otto von Guericke-Preis der AiF 2017 und 2019“, ergänzte Boecking. Nicht zuletzt würden die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler häufig künftige Mitarbeitende in den kooperierenden kleinen und mittleren Unternehmen.
„Am Beispiel der HWS Lasertechnik GmbH in Schweinfurt sieht man die Notwendigkeit von Forschungsnetzwerken für den Mittelstand. Diese ermöglichen KMU ohne eigene Forschungsabteilung Innovationen und das stärkt sowohl die Wertschöpfung als auch die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Kontext“, erklärte Hümpfer, der Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz und Energie im Deutschen Bundestag ist.
Rund 200 Millionen Euro stellte das Bundeswirtschaftsministerium 2021 für die IGF zur Verfügung. „Fast 22 Millionen Euro gingen an Forschungseinrichtungen im Freistaat Bayern. Die aktuelle Bundeshaushaltsplanung sieht allerdings vor, die Mittel für dieses Programm zu kürzen – das wäre ein Widerspruch zum Bedarf und zur steigenden Nachfrage“, sagte Andrea Weißig, AiF-Geschäftsführerin Forschungspolitik. Die AiF unterstützt mit ihrem Netzwerk die Durchführung der Industriellen Gemeinschaftsforschung im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. (frd)