Sie füllen die Löcher in unseren Zähnen, lassen Flugzeuge abheben, sichern Bauwerke oder ersetzen Schmierstoffe in Maschinen. Ohne Kunststoffe sind unser Alltag sowie nahezu alle Wirtschaftsbereiche nicht denkbar. „Kunststoffe spielen darüber hinaus eine ganz entscheidende Rolle für die Bewältigung der Herausforderungen des notwendigen wirtschaftlichen Transformationsprozesses und des Klimaschutzes“, erklärte Professor Martin Bastian, Institutsleiter des Kunststoff-Zentrums SKZ bei einem Treffen von Experten der Kunststoffforschung und dem Mitglied des Deutschen Bundestages Markus Hümpfer (SPD) am 3. Mai 2022 in Würzburg.
IGF: Anteil am Erhalt der Weltmarktfähigkeit deutscher KMU
Seit mehr als sechs Jahrzehnten forschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des SKZ, dessen Fördergemeinschaft (FSKZ e.V.) eines von 100 Mitgliedern der AiF ist, gemeinsam mit mittelständischen Unternehmen an der ökonomischen und ökologischen Optimierung von Produkten und Herstellungsverfahren. „Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben häufig nicht die Möglichkeit und erst recht nicht die Mittel, sich eigene Forschungsabteilungen zu halten. Hier kommen wir ins Spiel: Mit Hilfe der weltweit einmaligen Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) entwickeln wir in Kooperation mit kompetenten und erfahrungsreichen Unternehmen technologieoffene Lösungen, die branchenübergreifend dem gesamten deutschen Mittelstand zugutekommen. Im Fokus dieser vorwettbewerblichen Forschungsaktivitäten steht die komplette Wertschöpfungskette: Vom Material über die Verarbeitungsprozesse bis hin zum Produkt sowie die entscheidende Qualitätssicherung“, beschrieb Bastian den nachhaltigen Wissenstransfer zwischen Praxis und Forschung. Die IGF hat also einen bedeutenden Anteil am Erhalt der Weltmarktfähigkeit zahlreicher innovativer deutscher KMU.
Hümpfer, der Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz und Energie des Deutschen Bundestages ist und seinen Wahlkreis im unterfränkischen Schweinfurt hat, informierte sich über die Wirkung von abgeschlossenen und aktuellen IGF-Projekten im SKZ, darunter die Entwicklung von Mikrokapseln für selbstschmierende Kunststoffe oder klebstofffreies Verbinden von Kunststoffen. Dabei entstehen unter anderem durch langlebige energieeffiziente Produkte oder Verschleiß- und Reibungsverringerungen von bis zu 80 Prozent herausragende Ressourcen- und CO2-Einsparungen. Ein weiteres IGF-Vorhaben, das in Zusammenarbeit mit dem SKZ realisiert wurde, gehörte zu den Finalisten des Otto von Guericke-Preises 2020 der AiF: Heizhauben für defekte Rotorblätter von Windenergieanlagen. Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten waren bislang erst bei Temperaturen ab 16°C möglich. Das SKZ entwickelte ein zertifiziertes Verfahren, das Reparaturen bei deutlich niedrigeren Temperaturen und damit fast das ganze Jahr über zulässt. Dank dieser Heiz-Vakuumhaube stehen die Windkraftanlagen seltener still und die Reparaturzeiten verkürzen sich. Die Einsparungen belaufen sich pro Windrad auf bis zu 5.000 Euro pro Tag. Gleichzeitig verlängert die Reparaturmethode die Lebensdauer der Anlagen und ermöglicht damit einen höheren Wirkungsgrad der grünen Energiegewinnung.
Bundestagsabgeordneter Markus Hümpfer: Unternehmen profitieren von der IGF bedarfsgerecht und konkret
„Hier im SKZ in Würzburg konnte ich sehen, was die Mittel der Industriellen Gemeinschaftsforschung den Unternehmen – auch in meinem Wahlkreis – bringen. Sie profitieren bedarfsgerecht und konkret. Ich werde mich persönlich dafür einsetzen, dass sich die IGF nachhaltig entwickeln kann“, sagte der Bundestagsabgeordnete, der selbst ausgebildeter Industriemechaniker und Ingenieur ist. Vor seinem Bundestagsmandat war er im Maschinenbau und Energiesektor tätig. Hümpfer wurde von Volkmar Halbleib, Mitglied des Bayerischen Landtages und im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst sowie Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD, begleitet.
„Im Jahr 2021 stellte das Bundeswirtschaftsministerium für die IGF rund 200 Millionen Euro für herausragende Forschungsprojekte und die Netzwerkbildung zwischen mittelständischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen bereit. Davon flossen knapp 22 Millionen Euro an Forschungseinrichtungen im Freistaat Bayern. Allerdings sieht die aktuelle Bundeshaushaltsplanung vor, die Mittel für dieses Programm zu kürzen – das wäre ein Widerspruch zum Bedarf und zur steigenden Nachfrage“, sagte Andrea Weißig, AiF-Geschäftsführerin Forschungspolitik. Mit ihrem Netzwerk unterstützt die AiF die Durchführung der Industriellen Gemeinschaftsforschung im Auftrag des BMWK. (frd)